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Wie Sie Ihre persönlichen Grenzen (stärker) schützen

Könnte Ihnen Ähnliches passieren?- Frau A. B-C. missachtet ihre Grenzen

Frau A. B-C. ist engagierte Lehrerin an einer Oberschule. Sie ist zunehmend erschöpft und ausgelaugt. Corona und der Krieg in der Ukraine wirken sich psychisch und in der Schule als außergewöhnliche Belastungen aus, die sich endlos anfühlen.

 

Heute will sie sich einen entspannten Feierabend gönnen und nach der Schule schwimmen gehen, dann frische Lebensmittel einkaufen, um sich und ihrer Familie ein vegetarisches Gericht zu kochen. Ein neues Rezept - sie kocht gern. Sie genießt es, wenn alle gemeinsam um den Tisch versammelt sind. Sie hat ihren nächsten Schultag bereits vorbereitet und ihrer Familie schon vor ein paar Tagen Bescheid gesagt.

 

Nach ihrem Schulschluss begegnet sie am Schultor der Mutter von Anton aus der 10 b. Diese ist aufgeregt und möchte dringend mit ihr sprechen. Frau A. B-C. zögert kurz, nimmt Antons Mutter dann aber mit ins Besprechungszimmer im 2. Stock. Beide legen ihre Jacken ab, das Gespräch dauert fast eine ganze Stunde. Inzwischen hat sich die Mutter beruhigt, Frau A. B-C. ist nun in Eile, bahnt sich ihren Weg über den Schulhof. Es ist gerade große Pause. Sie sichtet zwei Schüler, die aggressiv raufen. Die Pausenaufsicht steht am anderen Ende des Hofs, ist im Gespräch. Frau A. B-C. bewegt sich also in Richtung der aggressiven Schüler, die von den Umstehenden lautstark angefeuert werden. Sie greift ein, schlichtet, führt das pädagogische Gespräch mit der Schülergruppe.

 

Danach beschließt sie, nicht ins Schwimmbad zu gehen. Das Essen würde nicht mehr rechtzeitig fertig werden. Im Bio-Laden kauft sie ein, an der Kasse lässt sie eine andere eilige Kundin, die sie gehetzt um Vortritt bittet, vor. 

 

Auf dem Weg nach Hause klingelt ihr Handy. Ihre Tochter wird es leider heute nicht schaffen, zum Essen zu kommen. Ihre Präsentation für die Uni ist noch nicht fertig. Sie braucht die Zeit. Frau A. B-C. zeigt Verständnis.

 

Zu Hause angekommen will sie sich vor dem Kochen eine Tasse Tee gönnen, als das Telefon klingelt. Es ist nochmals die Mutter von Anton. Ihr ist etwas Wichtiges eingefallen. Nach dem 20-minütigen Gespräch macht sich Frau A. B-C. sofort an das neue Rezept. Das Essen steht dann pünktlich auf dem Tisch.

 

Ihr Sohn ist da, schlingt sein Essen hinunter, denn er ist verabredet. Ihr Lebenspartner hatte die Zeit falsch in Erinnerung. Er kommt viel später. Frau A. B-C. isst, ohne zu genießen, denn sie ist enttäuscht, ärgerlich und sehr müde. Ihr ist zum Heulen zumute.

Warum passiert ihr das?

Frau A. B-C. hat sich und ihre Grenzen aus den Augen verloren. Ihre Wünsche und Bedürfnisse sind auf der Strecke geblieben, denn sie hat sie denen der anderen untergeordnet. Obwohl sie ihre Grenze wahrgenommen hat und sich Entspannung gönnen will, verleugnet sie ihre Leistungsgrenze und erleidet deshalb negative Gefühle. Auf Dauer können sich so psychosomatische Beschwerden, wie z.B. Herz-Kreislauf-Störungen oder Magenschmerzen, entwickeln. 

Wie beginnt sie, ihre Grenzen zu schützen? Was kann sie ändern?

Dazu analysiert sie ihr Verhalten und ihre Gedanken am "Tag des Frusts":

 

Ich habe

  • mich professionell um Antons Mutter gekümmert. Eltern brauchen meine Unterstützung. Das geht vor.
  • auf dem Pausenhof pädagogisch richtig eingegriffen. Schüler*innen brauchen meine Intervention. Das geht vor. 
  • an der Kasse höflich jemanden vorgelassen. Höflichkeit ist wichtig. Das ist jetzt eine Kleinigkeit und geht vor.
  • Verständnis für Louise (Tochter) gezeigt. Das geht vor.
  • mich über Jakobs (Sohn) Anwesenheit gefreut, aber geärgert, dass er verabredet war. Dafür muss ich Verständnis haben.
  • mich über Tim (Lebenspartner) geärgert. Dass er einen Familientermin vergisst, sollte ich nicht zum Problem erheben.

Sie hadert mit ihren Überzeugungen und Werten:

  • Ich bin (nur dann) eine gute Lehrerin, wenn ich mich stets um alle Schüler*innen kümmere und für Elterngespräche bereitstehe.
  • Höflichkeit ist ein hohes Gut.
  • Eine gute Lehrerin sowie eine gute Mutter nimmt sich selbst zurück.
  • Ich muss immer ein gutes Vorbild für pädagogisches Handeln, Verständnis und Toleranz sein.

Zwar bin ich

  • zufrieden darüber, im Einklang mit meinem professionellen und pädagogischen Werten und Idealen zu sein,
  • froh über die Dankbarkeit von den anderen,

Aber

  • ich habe meine Bedürfnisse, die mir wichtig sind, vernachlässigt.
  • es ist nicht das erste Mal, dass ich mich aus den Augen verliere.
  • ich merke, wie mein Verständnis für die anderen zunehmend für sie selbstverständlich wird. Das ist nicht gut, meine Frustration wächst.

Ich möchte mehr für mich sorgen und im Einklang mit meinen Werten bleiben, neue Gedanken zulassen:

  • Sowohl als Lehrerin als auch als Mutter habe ich das Recht, auf meine eigenen Bedürfnisse zu achten.
  • Gesundheit ist ein hohes Gut. Ich darf für mich sorgen.
  • Deswegen darf ich an mich denken. Das ist nicht egoistisch. Ich bleibe liebenswert.

Wie Frau A. B-C. ihre Grenzen ab sofort schützen möchte

Ich möchte und darf

  • meine Bedürfnisse wichtig nehmen.
  • für mich geplante Entspannungszeiten einhalten.
  • sagen: "Ich kann jetzt nicht mit Ihnen sprechen. Ich habe einen anderen wichtigen Termin. Bitte kommen Sie in meine nächste Sprechstunde am ...".
  • nicht (immer) einspringen, wenn andere zuständig sind.
  • niemanden vorlassen, wenn ich selbst in Eile bin.
  • meine Familie darauf aufmerksam machen, dass meine Bedürfnisse genauso wichtig sind wie ihre.

Wie Sie Ihre persönlichen Grenzen schützen - Hilfreiches Raster

Situation:

 

Mein Verhalten:

 

Meine Gedanken:

 

Mein Empfinden:

 

Kurzfristige positive Auswirkungen:

 

Negative Folgen (vor allem langfristig):

 

Mein neues Verhalten (Zielverhalten):

 

Neue Gedanken, die dafür hilfreich sein könnten (alternative Gedanken/Wertvorstellung):

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Schützen Sie Ihre Grenzen. Jetzt.