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Schulen zu - Tipps aus schulpsychologischer Sicht

Seit nunmehr drei Wochen sind bundesweit die Schulen wegen der Corona-Infektionsgefahr geschlossen. Noch ist ungewiss, wann der Schulbetrieb wieder aufgenommen werden kann. Das öffentliche Leben ist stark heruntergefahren. Wir alle sind herausgefordert, uns neu auszurichten.

 

Es gilt, Familie und Beruf zu einem hohen Zeitanteil in den eigenen vier Wänden zu managen. Zentral geht es dabei unter anderem um die Organisation des Lernens zu Hause. Sowohl Lehrer*innen als auch Eltern müssen neue Lösungen finden.

 

Schüler*innen sind aus ihrer gewohnten Lernumgebung gerissen. Lehrer*innen sind aufgefordert, sich viel stärker mit den Möglichkeiten des E-Learnings auseinanderzusetzen, und sie müssen einen Weg finden, wie sie den Kontakt zu ihren Schüler*innen aufrechterhalten. Eltern sind mit Homeschooling konfrontiert. Wir alle geraten mehr oder weniger unter Druck, sind zudem häufig von den täglichen "Corona-Nachrichten" verunsichert. So belastet ist es schwer, konfliktfrei durch diese Zeit zu kommen.

 

Ich möchte Ihnen hilfreiche Tipps weitergeben, welche die Göttinger Schulpsychologin Christine Schlockwerder in einem Elternbrief zusammengefasst hat: 

Liebe Eltern,

in dieser außergewöhnlichen Situation verändert sich unser gewohnter Alltag radikal. Viele Kinder und Jugendliche sind wahrscheinlich durch die umfassenden Maßnahmen zur Kontrolle der weltweiten Pandemie verunsichert oder fühlen sich verängstigt oder bedroht. Sie als erziehungsverantwortliche Erwachsene sind diejenigen, die im Moment entscheidend zum Sicherheitsgefühl und zum Wohlergehen Ihrer Kinder beitragen können. Was können Sie tun, um Ihre Kinder zu unterstützen?

Informationen

Mit unklaren und schwer kontrollierbaren Situationen umzugehen fällt schwer. In solchen Situationen belastet zu sein ist ganz normal. Klare Informationen verringern Grübeleien und Sorgen, wirken Ängsten entgegen und geben uns Sicherheit. Für Kinder ist es deshalb besonders wichtig, dass ihre Fragen sachlich und kindgerecht beantwortet werden. Von zum Teil beunruhigenden Informationen der Medien, die Kinder nicht einordnen können, sollten Sie Ihr Kind sorgfältig beschützen. Schauen Sie lieber zusammen die Kindernachrichten an. 

Struktur

Geben Sie ihrem Kind Sicherheit und Orientierung, indem sie die schulfreien Wochen gemeinsam planen. Erhalten Sie so viel Normalität wie möglich. Dazu gehören gewohnte Schlafens- und Aufstehzeiten und gemeinsame Mahlzeiten.  Sie können mit Ihren Kindern zusammen einen Tagesplan entwerfen, in dem Ruhe- und Aktivitätsphasen, Pflichten und Aufgaben benannt werden. Bauen Sie auch eine schulische Übungszeit mit klar definierten Zeiten ein. Täglich ein bisschen zu schaffen reicht im Moment aus. Strukturieren Sie die Medienzeiten Ihrer Kinder mit eindeutigen Absprachen. Spielzeiten sind auch wichtige „Programmpunkte“. Wenn Sie zusammen eine gute Tagesstruktur gestaltet haben, bleibt weniger Zeit für Sorgen und Grübeleien, ebenso wenig für Langeweile.

Zusammen sein

Kontakte zu Freund*innen und wichtigen Bezugspersonen sind eingeschränkt. Kinder reagieren in solchen Situationen vielleicht traurig, schlecht gelaunt, gelangweilt, unruhig oder gereizt. Auch das ist in einer ungewöhnlichen Situation normal. Ihr Kind ist im Moment besonders auf Sie angewiesen. Seien Sie als Eltern  präsent und emotional erreichbar für Ihr Kind, indem Sie ihm zuhören, Verständnis zeigen und seine Bedürfnisse beachten. Sie können sich darauf einstellen, dass es nun auch vermehrt zu Konflikten kommen kann. Auch das ist normal. Setzen Sie Prioritäten: Wenn es Streit gibt, atmen Sie lieber einmal durch und reagieren erst dann, wenn Sie sich beruhigt haben. Mancher Konflikt muss nicht sofort gelöst werden. Halten Sie zusammen, indem Sie sich mit anderen Eltern, Nachbarn und Freunden austauschen und sich gegenseitig unterstützen.

Akzeptanz

Angst und Unsicherheit sind normale Reaktionen auf eine außergewöhnliche Situation. Erwachsene können Kindern Sicherheit vermitteln, wenn sie selber klar, ruhig, vernünftig und gelassen sind. Investieren Sie Zeit und Energie auch in Ihr eigenes Wohlergehen und Ihre eigene emotionale Stabilität. Teilen Sie Ihre Sorgen und Ängste mit anderen Erwachsenen. Das hilft auch Ihrem Kind, vertrauensvoll in die Zukunft zu sehen. Nehmen Sie die Gefühle Ihres Kindes ernst, indem Sie gelassen und einfühlsam zuhören, ohne zu dramatisieren. Sie können zusammen überlegen, was konkret helfen könnte, damit es Ihrem Kind möglichst gut geht. Krisen bergen oft ungeahnte Chancen. Suchen Sie, trotz der Belastungen, gemeinsam auch das Positive in der Situation. Seien Sie geduldig mit Ihrem Kind und mit sich selber.

Sport und Bewegung

Sich im Körper wohl zu fühlen ist wichtig für die psychische Gesundheit. Bewegung und Sport reduzieren Stress, helfen gegen Langeweile, machen Spaß, vermindern Sorgen und können gegen Depressionen schützen. Familien müssen jetzt kreativ sein, alle Möglichkeiten unter Beachtung der Verhaltensregeln zu nutzen. Auch in der Wohnung kann man sich etwas einfallen lassen. Hierzu gibt es im Moment viele lustige Anregungen in den Medien. Tun Sie gemeinsam Dinge, die Körper und Seele guttun.  

Spiel und Spaß

So ernst die Lage auch ist: Trübsal zu blasen nutzt niemandem. Sie können Ihrem Kind Zuversicht und Hoffnung vermitteln, indem Sie kreativ nach Gelegenheiten suchen, Freude und Zufriedenheit zu erleben. Fördern Sie alle derzeit möglichen Aktivitäten, Kreativität, Hobbies. Versuchen Sie auch jetzt im Alltag, gemeinsam etwas zu gestalten, zu spielen, zusammen mit Ihrem Kind gute Zeiten zu haben. Interessieren Sie sich für die Medien, die Ihr Kind nutzt. Es ist gut, wenn Sie wissen, womit Ihr Kind beschäftigt ist. Lassen Sie es damit möglichst nicht allein.

Etwas Sinnvolles tun, Engagement

Alle Maßnahmen, die unsere Bewegungsfreiheit einschränken, dienen unserem  Schutz. Das ist eine positive gemeinschaftliche Aktivität in unserer Gesellschaft und in der ganzen Welt. Auch dort sind Familien und Kinder betroffen. Auch kleinere Kinder können diesen Solidaritätsgedanken verstehen. Sich mit anderen positiv verbunden zu fühlen stärkt unser psychisches Wohlbefinden. Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber und teilen Sie diesen positiven Gemeinschaftssinn miteinander. Gemeinsame Werte machen uns stark und stärken das Selbstbewusstsein Ihres Kindes. 

Wenden Sie sich auch im Rahmen der Corona-Krise bei psychischen Belastungen oder Schwierigkeiten im Zusammenhang mit schulischen Fragestellungen gerne an die für Ihre Schule zuständige schulpsychologische Beratung.

Unterstützung

In Niedersachsen finden Sie den Kontakt zu schulspychologischer Beratung bei der Niedersächsischen Landesschulbehörde. Hier ist ebenso die Langfassung des Briefes von Christine Schlockwerder veröffentlicht.

 

Machen Sie gerne auch Gebrauch von meiner kostenlosen Telefonzeit für Schulleitungen, Lehrer*innen und Eltern, um mit mir über schulische und individuelle Lösungen für "Corona-Zeit bedingte" Probleme zu sprechen oder geeignete Ansprechpartner*innen zu finden. Ich bin für Sie da:

 

Montag bis Donnerstag, jeweils 10:00 - 11:30 Uhr

 

Oder schreiben Sie mir eine Mail.

Hilfreiche Links

"Schulschließungen sind für arme Kinder gefährlich", faz.net 02.04.20

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/schulschliessungen-sind-fuer-arme-kinder-gefaehrlich-16708224.html

Aus psychotherapeutischer Sicht: Was tut Kinderseelen in der Krise gut?

https://www.achtung-kinderseele.org/News/Wie-k%C3%B6nnen-Eltern-Ihre-Kinder-in-der-Krise-st%C3%A4rken%3F

Homeschooling: Gute Hinweise auf Lernportale

https://verenapausder.de/2020/03/14/homeschooling-in-zeiten-von-corona/ 

https://homeschooling-corona.com/

Homeschooling: Praxisbeispiele

"Mathe im Livestream, Goethes Gretchen als Gif", Zeit Online 17.03.20

https://www.zeit.de/gesellschaft/schule/2020-03/homeschooling-schule-bildung-hausunterricht-kinder l

"Distance learning solutions" für Eltern, Lehrer*innen, Schulen und Schulämter, Portal UNESCO

https://en.unesco.org/covid19/educationresponse/solutions

Module zur Umstellung auf Fernunterricht

https://atduca.com/coronaservice/

Tagesaktuelle Infos von Dr. Christian Drosten (Virolge an der Charite Berlin) 

https://www.ndr.de/nachrichten/info/podcast4684.htm

Allgemeine Infos

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/coronavirus.html

https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/nCoV.html

https://www.gesundheitsinformation.de/wie-kann-man-einer-coronavirus-infektion-vorbeugen.3526.de.html

Hinweise für an Depression erkrankter Menschen während der Corona-Krise

https://www.deutsche-depressionshilfe.de/corona